„Wir mussten uns im Keller umziehen“

„Alles gemacht außer Geschäftsführer“: Helmut Seifert, ehemaliger erster Vorsitzender der SpVg Linderhausen (oben, 2. v. l.), 1978 mit der zweiten Mannschaft der SpVg Linderhausen.

Lukas Brechtefeld

Schwelm Am vergangenen Samstag (20. Juni) jährte sich das Bestehen der SpVg Linderhausen zum 100. Mal. Ein besonderer Tag für alle Vereinsmitglieder, vor allem für jene, die schon seit Jahrzehnten Mitglied im Schwelmer Stadtteilclub sind. So auch für Helmut Seifert, der die Vereinsgeschichte über die vergangenen 55 Jahre als Vereinsmitglied in den Funktionen als Spieler, Jugendtrainer, Kassierer und Vorsitzender mit geprägt hat. Im Interview spricht Seifert über die schönsten Momente des vergangenen halben Jahrhunderts bei der SpVg und was der Verein in Zukunft vor hat. Herr Seifert, Sie sind seit 55 Jahren im Verein. Wie sind Sie denn überhaupt bei der SpVg gelandet?

Ich war damals noch ein Kind und gerade erst neun Jahre alt. Das war damals so, wie es im Dorf so ist: Es gab eben kaum was und dann bin ich halt in einen Fußballverein eingetreten. Sie sind also eher zufällig bei der SpVg gelandet. Das hat Ihrer Beziehung zu Linderhausen aber anscheinend nicht geschadet. Was haben Sie denn in all den Jahren schon für Ihren Verein gemacht?

Ich habe alles gemacht außer Geschäftsführer. Als erstes habe ich in der Jugend gespielt. Damals gab es noch keine E-Jugend und F-Jugend. Ich habe deshalb bei den Älteren mitgespielt. Später habe ich dann für die Senioren gespielt. Aber immer nur in der zweiten oder dritten Mannschaft. Für die Erste konnte ich nicht gut genug Fußball spielen. Als ich älter wurde, habe ich auch Jugendmannschaften trainiert, war Kassierer und Vorsitzender des Vereins. Noch vor ein paar Jahren hat der Verein auf der alten, berüchtigten Linderhausener Asche gespielt. Vor kurzem ist der Verein zur Rennbahn umgezogen und spielt auf Kunstrasen. Wie war der Umzug für Sie persönlich?

Für mich war das sehr emotional. Wir haben das alles dort schließlich auch selber aufgebaut. Als ich gerade bei Linderhausen anfing, habe ich noch miterlebt, wie die Mitglieder die Kabine gebaut haben. Die war früher sehr modern. Früher war es nämlich üblich, sich in Wirtschaften umzuziehen. Wir mussten uns dann immer im Keller einer Kneipe umziehen. Dort war dann eine Waschgelegenheit mit einer Bank in der Ecke abgesperrt und wir sind von dort dann umgezogen zum Platz gegangen. Das war sehr abenteuerlich damals. Später haben wir dann das Vereinsheim und auch die Terrasse selber gebaut. Ich habe mich aber nicht ganz von dem alten Platz verabschiedet, weil ich direkt neben ihm wohne. Wenn ich morgens aus dem Badezimmer-Fenster gucke, kann ich die Asche noch sehen. Sie haben mehr als die Hälfte der kompletten Vereinsgeschichte Linderhausens miterlebt. Warum besteht der Verein heute noch? Sie können das am besten beurteilen.

Wir sind ein familiärer Verein. Das ist unsere Grundphilosophie und die wurde in unserer kompletten Geschichte nie gebrochen. Wenn ein Spieler zu uns wollte und die Hand aufgehalten hat, haben wir ihm nie etwas gegeben. Bei uns spielen nur Spieler, die hier spielen wollen, weil sie den Verein mögen und hier Freunde und Familie haben. Sie haben sehr viel für den Verein getan. Wie sieht es denn auf der anderen Seite aus? Hat der Verein Ihnen was zurückgegeben?

Ich habe bei mir Zuhause mal einen größeren Anbau gemacht. Dafür musste ich dann ein paar hundert Rigipsplatten schleppen und mir haben Mitglieder aus dem Verein geholfen. Das ist aber natürlich nicht nur bei mir so: Wenn ein Spieler von uns umzieht, dann hilft ihm die Mannschaft dabei. Das ist hier überhaupt kein Problem Wie wollte der Verein seinen Geburtstag ursprünglich feiern, wäre die Corona-Krise nicht dazwischen gekommen?

Wir wollten heute intern unser Jubiläum in unserem Vereinslokal feiern. Es waren alle Mitglieder eingeladen und Daniel Hinzmann hätte mit seiner Band Musik gemacht. Leider fiel das aber alles aus. Aber wir werden das Fest nachholen. Wir haben jetzt einen neuen Termin im Oktober. Ich weiß aber noch nicht, ob das Fest stattfinden wird. Ich persönlich denke aber eher, dass wir es nochmal weiter nach hinten verschieben müssen. Plant der Verein in der Zwischenzeit denn eine Alternative?

Wir planen, in den nächsten Monaten ein Buch herauszubringen. Das soll eine Chronik über die SpVg Linderhausen werden und ungefähr 60 Seiten lang werden. Dort sollen dann sehr viele Bilder, Grußwörter von der Vereinsmitgliedern und Texte reinkommen. Ich denke, dass wir damit ungefähr im August fertig sind. Wie schätzen Sie die Zukunft der SpVg Linderhausen ein?

Wenn es so weitergeht, könnten wir es in diesem Jahr noch schaffen, auf mehr als 500 Mitglieder zu kommen. Seit wir an der Rennbahn sind, ist unsere Jugend nämlich explodiert und wir haben riesigen Zuwachs. So sah es aber nicht immer aus. Wir hatten zwischendurch einen großen Durchhänger. In den 80er und 90er ist unsere Jugend komplett zusammengebrochen und wir hatten fast 20 Jahre überhaupt keine Jugend. Wann war der Wendepunkt?

2001 haben wir wieder angefangen, unsere Jugend aufzubauen. Wir sind damals mit zwei Mannschaften gestartet. Eine Minikicker und eine C-Jugend. Die C-Jugend war aber ein zusammengewürfelter Haufen. Da waren Kinder von acht bis vierzehn Jahren mit dabei. Dementsprechend haben wir auch immer Haue bekommen. Zwei Jahre später hatten wir dann aber alle Klassen besetzt. Es kamen sogar komplette Jugendmannschaften zu uns. Das ging alles sehr schnell.

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